Du möchtest flexibel mit verschiedenen Endgeräten fernsehen können oder möchtest ein Fernsehgerät in einem Raum aufstellen ohne passende Anschlüsse? Dann stehst du unweigerlich vor der Frage wie du deine Signale bekommen könntest. Ich beispielsweise möchte gelegentlich auch mal etwas auf der Terrasse im Freien über meine Tablets schauen, auf meinen PCs oder einem Fernseher im Keller, welcher keinen SAT-Anschluss besitzt. Daher kam bereits bei der Planung des Hauses die Frage auf, wie das zu realisieren ist.
In meinem Artikel beziehe ich mich nun auf die Umsetzung eines DVB-S2 Signals. Auch andere Varianten für den Empfang sind möglich, das hängt immer von den Gegebenheiten ab, der Beitrag ist jedoch übertragbar. Fortgeschrittene Linuxkenntnisse sind Voraussetzung für die Umsetzung, ansonsten hilft wie immer Google bei Problemen sofort und unkompliziert weiter 😉 Ich möchte hier lediglich darstellen wie meine Lösung aussieht und was du benötigst um es nach zu bauen. Dies ist keine Schritt für Schritt Anleitung, welche jeden Installationsschritt behandelt.
Die Wunschliste
Was soll und darf so ein System alles können? An erster Stelle steht natürlich das flexible Fernsehen im Haus, egal an welchem Ort und egal zu welcher Zeit. Dies soll auch ohne weiteren Nutzer eingriff sofort funktionieren, ein Umstecken von Kabeln oder dergleichen soll nicht erfolgen. Ein weiterer Wunsch war das Aufnehmen auf die Netzwerk festplatte. Zusätzlich soll das System eine gute Programmübersicht (EPG) bieten, welche sich ohne manuelles nachhelfen über das DVB Signal aktualisiert. Zuverlässig muss es logischerweise sein, denn Abstürze vor oder während einer geplanten Aufnahme sind nervenaufreibend. Ein Sahnehäubchen auf dem ganzen System wäre ein Zugriff von extern um auch unterwegs, zum Beispiel im Urlaub mit dem Wohnwagen, fern sehen zu können.
Rahmenbedingungen festlegen
Nachdem die Wunschliste fest stand, war es an der Zeit die Rahmenbedingungen zu definieren. Die Basis für solch ein System stellt natürlich ein leistungsstarker Server dar. Dieser muss nicht nur genug Rechen-power zur Verfügung stellen um das Signal zu Decodieren und umzusetzen, sondern auch entsprechende Netzwerkanschlüsse haben um die erforderlichen Daten überhaupt versenden zu können. Meine Wahl fiel auf einen kleinen Mini-ITX Multimedia PC. Dieser hat genug Leistung für transcoding Aufgaben, zwei Gigabyte-LAN Schnittstellen, mehrere USB 3.0 Anschlüsse und viel Arbeitsspeicher. Außerdem unterstützt er durch seine Architektur Hardwaretranscoding, dadurch ist die CPU Auslastung ausgeglichener und nicht sofort am Limit. Das System sollte auf Linuxbasis laufen, denn dadurch kann ich den Server unkompliziert erweitern.
Hardwareliste
Durch die Wunschliste und meine Rahmenbedingungen ergibt sich nun folgende Hardware:
- Server mit miniITX
- TV Karte mit Linuxtreibern
- Externe Festplatten für die Aufnahmefunktion
Das sieht zwar nach nicht viel aus, aber je nach Auslegung kann hier schnell eine ordentliche Summe zusammen kommen.
Softwareliste
Aufgrund meiner Anforderungen ergibt sich folgende Softwarekombination:
- Debian Linux als Net-Installation (wird im Betrieb headless verwendet)
- Linuxtreiber für die TV-Karte
- TvHeadend für die Verwaltung von Sendern und EPG
- Emby für die Nutzung und Medienverwaltung (Achtung: Die Aufnahmefunktion ist nur mit einem Emby Premium Abo freigeschaltet!)
Im weiteren Verlauf des Beitrags werde ich dir erläutern, wie die einzelnen Softwarekomponenten zusammen arbeiten.
Bei der Auswahl der Medienverwaltungssoftware gibt es neben Emby natürlich viele weitere Möglichkeiten. Unter anderem konnte ich mich mit einem Plex Nutzer unterhalten, dessen sonstiger Aufbau exakt gleich meinem ist. Allerdings kann ich für Plex und Co. keine Informationen zur Einrichtung bereit stellen, da ich ausschließlich mit Emby arbeite.
Wahl der TV-Karte
Wie schon erwähnt wird alles auf Linuxbasis laufen. Daher muss auch eine TV-Karte her, welche Linuxtreiber mitbringt oder zumindest im Internet zum Download bereit stellt. Meine Wahl fiel daher auf einen PCTV DVB-S2 Stick. Diesen kann ich in meinem Schaltschrank aufgrund der USB-Anbindung flexibel verbauen. Außerdem würde in mein mini-ITX Servergehäuse auch keine PCI-Karte Platz finden.
An die Karte ist jedoch teilweise etwas schwer ran zu kommen. Oft ist sie ausverkauft oder steht nur zu sehr hohen Preisen im Netz. Auf Amazon habe ich eine für knapp 80 Euro ergattern können. Allerdings gibt es auch noch einige andere Karten mit Linuxtreibern auf dem Markt, eine kleine Übersicht ist auf der Seite LinuxTV.org zu finden.
Linuxtreiber integrieren
Der Treiber für meinen Stick ist bereits im Linuxkernel integriert. Der Stick benötigt lediglich eine Firmware welche händisch auf den Server geladen werden muss. Der Download dafür ist im Wiki von LinuxTV.org (Direktlink zur entsprechenden Seite) zu finden.
Nach dem Download ist die Firmware in folgendem Verzeichnis abzulegen:
/lib/firmware
Danach habe ich einen Neustart des Servers durchgeführt und den Stick komplett angeschlossen.
TV-Software
Weiter ging es mit TvHeadend. Die Installation der Software ist auf der Seite von TvHeadend recht gut beschrieben. Sobald die Software läuft ist sie im Browser unter dem Port „9981“ zu erreichen. Beim ersten Aufruf der Seite wurde ich dazu aufgefordert einen Nutzeraccount anzulegen. Dies ist auch sinnvoll, da die Einstellungen ja nicht von jedem im Netzwerk geändert werden sollen. Nach diesem Prozedere konnte ich dann den gewünschten Satellit unter „Konfiguration / DVB-Inputs / Netzwerke“ festlegen. Als nächstes wird unter „Konfiguration / DVB-Inputs / TV-Adapter“ der TV-Stick ausgewählt und das vorher angelegte Netzwerk zugewiesen. Danach konnte ich auch schon den Programmsuchlauf unter Netzwerke starten. So wie immer findet das Gerät hunderte von Sendern, es gilt also nun die gewünschten aus zu sortieren. Dies wird bei TVHeadend mit einer Playlist erledigt. Die benötigten Sender werden der Playlist hinzugefügt und mit einer Nummer versehen. Diese Nummer ist später für die Verknüpfung von Playlist und EPG extrem wichtig!
Suchen kannst du die Kanäle übrigens unter „Konfiguration / DVB-Inputs / Muxes“. Dort wird alles aufgelistet was auf dem Satellit gefunden wurde. Sender zu deiner Playlist hinzufügen kannst du im Bereich „Konfiguration / Kanal EPG / Kanäle“. Zuletzt habe ich noch den EPG-Grabber unter „Konfiguration / Kanal EPG / EPG-Grabber“ eingestellt. Die Festplattenspeicherung habe ich auf 189 Stunden gesetzt, damit ich im Emby einige Tage im voraus schon Aufnahmen planen kann.
Playlist für Emby freigeben
Ein Knackpunkt bei der Installation von TVHeadend und Emby ist die Freigabe der Playlist. Dies ist notwendig, da Emby keine Logindaten beim Aufruf der Playlist übergeben kann. Daher muss die Playlist, sowie der EPG direkt verfügbar sein.
Hierzu habe ich unter Benutzer einen User angelegt mit folgenden Daten:
Benutzername: *
Ändere Parameter: Alles aktivieren
Weboberfläche: Aktiviert
Admin: Deaktiviert
Streaming: Alles aktivieren
Video Rekorder: Einfach aktivieren
Kommentar: Emby User
Damit ist die Playlist und der EPG direkt abrufbar. Die Bearbeitungen sind jedoch weiterhin gesperrt und können nur durch den angelegten Administrator erfolgen.
Mediacenter
Emby macht bei mir als Mediencenter einen guten Job. Es verwaltet sowohl alle Bilder, als auch Serien und Filme oder Konzerte. Aufgrund der Kompatibilität zu vielen Endgeräten lag es daher nahe die TV-Funktion hier mit einzubinden. Die Installation des Embyservers ist auf der Emby-Website gut beschrieben und schnell erledigt. Die Konfiguration des Servers erfolgt über das Webpanel, dieses ist über den Port „8096“ erreichbar.
In den meisten Fällen sind die Einstellungen selbsterklärend, dennoch möchte ich hier kurz auf die TV-Einstellungen eingehen.
Einfaches Live-TV geht auch ohne Emby Premium. In der Administrationsoberfläche muss einfach unter „Live-TV“ der Playlist-Link zum TVHeadend angegeben werden. Auch der EPG wird hier als XmlTV Link hinterlegt.
Ich möchte dir noch kurz die Standard-Pfade angegeben, die Hostadresse vom TVHeadend-Server musst du gegebenenfalls durch deine korrekte ersetzen:
Link Playlist: http://localhost:9981/playlist/channels.m3u
Link EPG XML: http://localhost:9981/tvheadend/xmltv/channels
Für die Aufnahmefunktion benötigst du Emby-Premium. Diese ist jedoch sehr komfortabel und ich nutze sie oft, daher investiere ich gerne ein paar Euro. Konfigurationsmöglichkeiten gibt es nicht viele, lediglich einen Speicherpfad für die Aufnahmen muss angegeben werden, es ist jedoch alles selbsterklärend.
Gerätekompatibilität
Aufgrund von Emby ist eine weitreichende Kompatibilität zu diversen Geräten gegeben. Von Amazon Fire-TV Sticks bis hin zu jeglichem Browser auf jedem PC ist alles möglich. Auch passende Android und iOS Apps sind in den jeweiligen Appstores verfügbar.
Schluswort
Die Zuverlässigkeit des Systems ist sagenhaft und ich konnte bisher keine Probleme feststellen. Ich habe Emby mit Live-TV bisher auf meinen Fire HD Tablets, sowie am FireTV Stick und auch auf meinem iPhone verwendet. Gelegentlich habe ich auch über den Browser an meinem PC geschaut. Überall hatte ich eine gleichbleibend gute Qualität und keine Abbrüche oder Probleme mit dem Stream. Das Aufsetzen ging leicht von der Hand und eine Wartung oder ein händischer Eingriff war bisher bei mir nicht notwendig. Daher kann ich es nur weiter empfehlen und wünsche dir viel Spaß beim Nachbauen und Fernsehen 😛 Solltest du Fragen haben, einfach in die Kommentare oder ins Forum damit.